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Musikkapelle St. Andrä – Ein Dorf blüht musikalisch auf

Die Musikkapelle sieht ihre Aufgabe darin, die Tiroler Tradition der Blasmusik weiterzuführen und das örtliche Musikleben im Dienst der Dorfgemeinschaft zu pflegen und zu bereichern. Indem sie musikalische Talente weckt und fördert, Jugendlichen ein sinnvolles Freizeitangebot bereitstellt und sie in eine Gemeinschaft integriert, erfüllt sie auch soziale Aufgaben.

Die Anfänge

Das genaue Gründungsdatum ist nicht bekannt. Mit der ersten Erwähnung 1849 gehört sie aber zu den ältesten des Landes. Auch aus der Frühzeit der Kapelle ist wenig bekannt. Die musikalische Leitung lag wohl auch hier in den Händen der Dorflehrer, die oft auch die Organisten waren. In dieses Bild würde die Tatsache passen, dass sich der in den 1870er Jahren in St. Andrä wirkende Organist, Chorleiter und Volksschullehrer Josef Goller, Vater von Vinzenz Goller, auch der Kapelle angenommen hat.

I. Weltkrieg und Faschismus

Wie überall bedeutete der I. Weltkrieg 1914–18 einen starken Einschnitt. Die Tätigkeit der Musikkapelle kam für mehrere Jahre gänzlich zum Erliegen. Unter dem Faschismus ging es den Kapellen von allen kulturellen Vereinen noch am besten, denn sie wurden bei den vielen Feierlichkeiten gebraucht. Kapellmeister Johann Fischer, St. Johann – Klerant verstand es als Staatsbediensteter, sich mit den schnell wechselnden Amtsbürgermeistern, den Podestà, zu arrangieren. So war man z.B. auch bei der Einweihung des Siegesdenkmals 1928 dabei. Innerhalb der Kapelle führte dies zu Spannungen, weil sich ein Teil für solche Ausrückungen nicht hergeben wollte. Musikkapelle St. Andrä Ein Dorf blüht musikalisch auf Musikkapelle St. Andrä

Neubeginn nach dem II. Weltkrieg

Nach dem Krieg gelang es erstaunlich schnell, die Kapelle wieder auf die Beine zu stellen. 1946 war man bereits bei der Kassiansprozession vertreten und ein Foto von 1948 zeigt die Kapelle mit 32 Mitgliedern in der alten historischen Tracht mit gar einigen jungen Gesichtern. Von unschätzbarem Wert beim Wiederaufbau der Kapellen war die Gründung des Verbandes Südtiroler Musikkapellen im Jahre 1948. Von Anfang an brachte sich die hiesige Kapelle aktiv in den neuen Verband ein: Alois Stockner sen., Birbamer Lois war von 1951–57 Obmann-Stellvertreter im Bezirk Brixen und sein Sohn Luis Stockner jun. prägte zuerst als Vize-Bezirkskapellmeister und dann von 1972–86 als Bezirkskapellmeister, Landesstabführer und Mitglied der Verbandsmusikkommission die Geschicke des Verbandes ebenfalls maßgeblich mit. Mit Rudi Psaier als Bezirksschriftführer von 1977–98 war die Kapelle ebenfalls über viele Jahre im Bezirksausschuss vertreten.

Von der Ära Jocher–Stockner zur Gegenwart

Ein großer Umbruch vollzog sich in den 1950er Jahren: Kapellmeister Johann Fischer übergab 1952 nach mehr als einem halben Jahrhundert den Dirigentenstab an Luis Stockner sen. und dieser wiederum nach 10 Jahren an seinen Sohn Luis Stockner jun. Die Führung wurde klarer strukturiert: Dem Kapellmeister als bisher Alleinverantwortlichem wurde ein Obmann mit Ausschuss zur Seite gestellt, der ihm die organisatorischen Belange abnahm. Als erster Obmann in diesem Sinne wurde 1955 Sepp Jocher, Frötscher gewählt. Die beiden prägten die Geschicke der Kapelle nun für mehrere Jahrzehnte. 416 Buntes Vereinsleben Beide wurden 1990 mit der Verdienstmedaille des Landes Tirol geehrt und nach ihrem Abgang mit der Ehrenmitgliedschaft gewürdigt. Im Jahre 1963 wurde die erste Auslandsfahrt unternommen, die nach St. Willibald/ Nürnberg führte. Viele solcher Fahrten folgten: Amberg, Fischach bei Augsburg, Schondorf, Deggendorf, Ravensburg, Bad Abbach – alle diese Orte waren z.T. mehrmals Ziele, in denen die Musikanten als Botschafter Südtirols und als Werbeträger für den einsetzenden Tourismus auftraten. Nach der Besiegelung der Partnerschaft mit Marquartstein im Jahr 1979 war es vor allem diese schöne Stadt in der Nähe des Chiemsees, die bisher insgesamt achtmal angefahren wurde. 1964 wurde das erste jener Wiesenfeste in der Nähe der alten Seilbahnstation veranstaltet, die in den folgenden 20–30 Jahren landauf landab eine wahre Hochblüte erlebten und den Kapellen viele Möglichkeiten zu Konzerten mit entsprechenden Einnahmen boten. In St. Andrä wurden die dafür notwendigen Infrastrukturen und Gerätschaften von den Vereinen gemeinsam verwaltet. 1988 wurde der Verein der Vereine aufgelöst bzw. ging in die Interessentschaft Gemeinschaftszentrum über, die heute mit einem Festplatz mit Musikpavillon (1995 eingeweiht), Überdachung (2003) und fixen Einrichtungen, wie Küche usw. über beste Bedingungen verfügt. 1984 übergab Sepp Jocher die Obmannschaft an Rudi Psaier, der das Amt bis Ende 1989 innehatte. Nach zwei kurzen Amtszeiten von wiederum Sepp Jocher und Pepi Profanter vollzog sich ein Generationswechsel mit Martin Jocher als Kapellmeister (1993) und Josef Joe Fischer (1996) als Obmann, der der Kapelle bis heute vorsteht und vieles in Bewegung brachte. Mit Hans Prader aus Afers trat 2001 erstmals ein Kapellmeister ans Dirigentenpult, der nicht aus den eigenen Reihen kam – etwas, das mittlerweile in vielen Kapellen der Fall ist. Hubert Sagmeister, Kapellmeister seit 2007, stammt dagegen wieder aus der eigenen Kapelle.

Allerlei Wissenswertes über die Kapelle

Die Tracht

Zum patriotischen Jahr 1909, 100 Jahre Tiroler Freiheitskampf, mit großem Festumzug in Innsbruck hatte sich die Kapelle eine historische Tracht mit Lederhose, brauner Joppe und breitkrempigem Hut zugelegt. 1959 wurde auf Empfehlung des Verbandes – wie in vielen anderen Kapellen – die so genannte erneuerte Tracht angeschafft, mit schwarzen langen Hosen und kleinem Filzhut. Von der alten Tracht mochte man sich aber trotzdem nicht trennen, man behielt sie als Festtagstracht für Prozessionen und große Marschauftritte bei. Eine Musikkapelle mit zwei Trachten – ein Unikum weit und breit, das erst 2009 beendet wurde, als man neue Joppen und Hüte (nun auch für die Mädchen) im Stil der historischen Tracht anschaffte und beschloss, sie als einzige weiterzuführen.

Die Vereinsfahne

Erst spät legte sich die Kapelle eine Vereinsfahne zu – und zwar anlässlich der 150-Jahr-Feier 1999. Fahnenpatin ist Gisela Fleissner, Schloss Ratzötz, die damit die Tradition der dortigen Schlossherren als Gönner der Kapelle fortsetzte. Seit damals ist Franz Stablum, Niederthaler der Fähnrich und führt die Kapelle bei kirchlichen und weltlichen Feiern an.

Das Probelokal

Für lange Zeit fanden die Proben im alten Schulhaus dem heutigen Vinzenz-Goller-Haus statt, wobei der Raum gleichzeitig auch als Schulausspeisung genutzt wurde. Zwischenzeitlich wurden auch mehrmals Räume im Stadel (altes Villhaus) genutzt. Bei der Renovierung dieses Villhauses erhielt die Kapelle 1980 im Kellergeschoss ein eigenes Lokal, das sich allerdings bald als zu klein erwies. Im November 1996 konnte dann in der sogenannten Festhalle über der Feuerwehrhalle das Probelokal großzügig ausgebaut und bezogen werden.

Repertoire und Wertungsspiele

Früher wurden hauptsächlich Märsche und Bearbeitungen von Orchesterstücken – Ouvertüren und Potpourris aus Operetten usw. – gespielt. Nach dem II. Weltkrieg begann sich die Literatur durch Kompositionen speziell für Blasmusik zu erweitern. Heute gibt es eine ungeheure Fülle originaler Blasmusikliteratur aller Schwierigkeitsgrade, die weltweit angeboten wird. Unser Notenarchiv ist mittlerweile auf rund 1000 Titel angewachsen. Kritische Stimmen sprechen von Globalisierung und Einheitsbrei. Die MK St. Andrä hat sich dem zwar auch geöffnet, aber darüber die traditionellen Wurzeln nicht vergessen. Der Verband regt die Kapellen an, sich Wertungsspielen zu stellen, um das musikalische Niveau durch eine Fachjury überprüfen zu lassen. Die Kapelle trat früher regelmäßig bei Konzertwertungen an und erzielte dabei sehr gute Leistungen in der Mittelstufe, letztmalig 1981. Ihre Stärke ist aber seit den Zeiten von Luis Stockner, der ja auch Verbands-Stabführer war, das Marschieren, wo sie bei den letzten Marschwettbewerben in den Jahren 1992, 1997, 2000 in den höheren Schwierigkeitsstufen „A“, „B“ und „C“ antrat und dabei immer ausgezeichnete Leistungen bescheinigt erhielt.

Die Marketenderinnen

Von Beginn an sorgten sie für ein schneidiges Erscheinungsbild bei Aufmärschen. Lange Zeit waren es deren zwei, seit 1990 vier, heute sind es sieben, von denen vier oder sechs mitmarschieren. Über die repräsentative Aufgabe hinaus arbeiten sie bei Veranstaltungen fleißig mit. Die Mädchen In den 1970er Jahren tauchten in den Südtiroler Kapellen die ersten Mädchen an den Instrumenten auf. In St. Andrä hingegen spielte erst beim Osterkonzert 1992 mit Gabi Mitterrutzner die erste Musikantin mit. Heute sind von 48 Musizierenden 17 Mädchen.

Die Jugend

Früher waren es die aktiven Musikanten, die notdürftig die Ausbildung des Nachwuchses besorgten. Trotzdem gingen immer wieder ausgezeichnete Musikanten daraus hervor. Mit dem Aufbau der Musikschulen in den 1970er Jahren erlebte die Ausbildung durch professionelle Lehrkräfte dann einen Qualitätssprung auf breiter Basis. 2002 konnte eine eigene 40-köpfige Jugendkapelle aufgestellt werden, die 2005 unter der Leitung des damaligen Jugendleiters Hubert Sagmeister auch an einem Wertungsspiel in Götzis/Vorarlberg teilnehmen durfte – mit Bewertung Sehr gut. Mit Carolin Profanter, Flöte und Martin Psaier, Posaune hat die Kapelle seit kurzem auch zwei Träger des Jungmusiker- Leistungsabzeichens in Gold in ihren Reihen – das ist die höchste Auszeichnung, die die Blasmusikverbände von Österreich, kurz ÖBV und Südtirol, kurz VSM gemeinsam vergeben. Durch die intensive Jugendarbeit stieg die lange Zeit vergleichsweise geringe Mitgliederzahl der Kapelle deutlich über den Landesdurchschnitt an und erreichte den Höchststand 2006 mit 57 Musikanten ohne Marketenderinnen und Fähnrich. Der Landesdurchschnitt liegt bei 44. Das Durchschnittsalter der Kapelle beträgt heute genau 30 Jahre und reicht von 15 bis 66 Jahren.

Die Finanzen

Eine erste Einnahmequelle bilden eigene Veranstaltungen und Konzerte. Die Gemeinde unterstützt alle Vereine durch einen jährlichen Fixbeitrag, der für die Musikkapelle ca. 1000–2000 Euro beträgt. Die Autonome Provinz Bozen gewährt Beiträge für besondere Notwendigkeiten, z.B. für Probelokale oder Trachten und Instrumente. Die starke Zunahme der Mitgliederzahl sowie der Bau des Probelokals und die Erneuerung der Tracht 2009 veranlassten die Kapelle sich in den Jahren 1996, 2001, 2004 und 2008 insgesamt viermal mit Sammelaktionen direkt an die Bevölkerung zu wenden; dabei zogen mehrere Kleingruppen von Haus zu Haus und spielten jeweils ein Ständchen. Die großzügige Unterstützung bewies die Wertschätzung für die Kapelle.

Die Tätigkeit im Jahreslauf

Der erste große Auftritt im Jahresablauf ist seit 1980 immer das Osterkonzert im Saal der Grundschule, das mit seinem sehr großen Publikumszustrom als Dorfereignis gewertet werden kann. Es folgen die Ausrückungen bei kirchlichen Ereignissen: Kassiansprozession in Brixen, Einzug und Ständchen bei Erstkommunion, Firmung und Florianitag, die drei Prozessionen im Ort, das Erntedankfest im Herbst. Weiters mehrere Konzerte auf dem Festplatz in Form von Frühschoppen oder Sommerabendkonzerten, gelegentliche Gastauftritte in Südtiroler Orten, oft im Austausch mit den dortigen Kapellen. Alle zwei bis drei Jahre veranstaltet die Kapelle auch ein Sommerfest. Neben der bereits genannten Jugendkapelle gibt es als Untergruppen auch eine Böhmische, die bei geselligen Anlässen aufspielt, und die Weisenbläser, die festliche Feiern umrahmen, z.B. die Andreas-Hofer-Feier oder in der Christnacht das Stille Nacht vom Turm blasen. Insgesamt hielt die Kapelle im Jahr 2009 58 Teil- und 47 Vollproben und rückte in all ihren Formationen 60 Mal aus.

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Ziele der Musikkapelle St. Andrä

  • Pflege der Blasmusik
  • Bereicherung des kulturellen Dorflebens durch Mitwirkung bei kirchlichen und weltlichen Feiern
  • Sinnvolles Freizeitangebot für die Mitglieder

Dachorganisation auf Landesebene

Verband Südtiroler Musikkapellen (VSM)

Gründung

Erste Erwähnung 1849

Vorstände

Obmann

Anfänglich wurde diese Tätigkeit vom Kapellmeister ausgeübt

  • 1930er Jahre Michael Stockner, Michlwirt – hat als Obmann gegolten
  • 1955 Sepp Jocher, Handlung Jocher
  • 1984 Rudi Psaier, Summererhof
  • 1989 Sepp Jocher, Handlung Jocher
  • 1994 Pepi Profanter, Kropf
  • 1996 Josef Fischer, Fugsdorf
  • 2014 Julian Markart, Klerant

Kapellmeister

  • 1870er Jahre Lehrer Josef Goller (nicht verbürgt)
  • 1880 Lehrer Joseph Korin
  • 1896 Lehrer Sebastian Baur
  • 1899 Johann Fischer, Klerant
  • 1952 Alois Stockner sen., Birbamer Lois
  • 1962 Luis Stockner jun., dessen Sohn
  • 1993 Martin Jocher, Mellaun
  • 2001 Hans Prader, Afers
  • seit 2007 Hubert Sagmeister, Mellaun

Leitungsgremium zum 30.4.2010

  • Obmann: Josef Fischer, Fugsdorf
  • Obmann-Stellvtr.: Albuin Frener, Waldegg
  • Kapellmeister: Hubert Sagmeister, Mellaun, auch Stabführer und Instrumentenwart
  • Schriftführer: Stephan Pichler, Angerer
  • Kassier: Pepi Profanter, Kropf
  • Trachtenwartin: Renate Prosch, Kircher
  • Notenwart: Thomas Psaier, Summererhof
  • Beirat: Stefan Pircher, St. Andrä
  • Fähnrich und Beirat: Franz Stablum, Niederthaler
  • Jugendleiterin: Helene Astner, Hinterstoaner

Mitgliederzahl

  • 58 Mitglieder, davon 47 Musikanten,
  • 1 Kapellmeister, 7 Marketenderinnen,
  • 1 Fähnrich

Ehrenmitglieder:

  • Sepp Jocher, Handlung
  • Luis Stockner jun.
  • Herbert Fleißner, Schlossherr zu Ratzötz

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