Amateursportclub Plose (ASC)
22. Januar 2014
Volkstanzgruppe St. Andrä
22. Januar 2014

Heimatbühne St. Andrä – Daheim auf den Brettern, die die Welt bedeuten

Das Theater spiel blickt in Tirol auf eine uralte, bis ins Mittelalter reichende Tradition zurück. Später erlebte es mit den barocken Fastnacht- und Osterspielen einen glanzvollen Höhepunkt, wobei das nahe Kloster Neustift eine Spielstätte von Bedeutung darstellte. Im 19. Jahrhundert entstanden dann vielfach Bauernund Volksbühnen – gut möglich, dass auch bei uns damals das darstellende Spiel in Gang kam.

Alte Theatertradition

Als Vater des Theaters in St. Andrä und als erster namentlich bekannter Vertreter gilt Vigil Gostner, Spenglermeister und vielseitiger Vereinsmensch, ein richtiges Original, von dem ältere Mitbürger heute noch manch lustiges Geschichtchen zu erzählen wissen. Feste Strukturen gab es keine, eine Bühne musste jedes Mal behelfsmäßig neu errichtet werden, z.B. in der Veranda des Gasthofs Gasser. Spieltexte kursierten und wurden mangels Kopiermaschine wohl auch einfach abgeschrieben. Doch die Spielfreude überwand alle Widrigkeiten und wurde von einem dankbaren Publikum belohnt, das noch nicht von Kino und Fernsehen verwöhnt war.

Auch das Theaterspielen in der Schule war für die Zukunft des Vereins von Bedeutung. So ist bekannt, dass bereits 1945 die Schulkinder in Klerant mit dem Lehrer Hans Pedratscher ein Theaterstück aufgeführt haben.

Gründung und erste Blütezeit

Es war dieser Hans Pedratscher, aus Feldthurns stammend und bis 1977 Volksschullehrer in St. Andrä, der dann im Herbst des Jahres 1959 die Gründung eines Theatervereins initiierte und die Rolle des Spielleiters übernahm. Zum ersten Obmann wur- Heimatbühne St. Andrä Daheim auf den Brettern, die die Welt bedeuten de Johann Prosch, Baumann gewählt, der schon bisher die Bühnenbretter besorgt und mit seinem Eifer alle angesteckt hatte. Die weiteren Mitstreiter wurden ebenso mit Bedacht gewählt: Ägidius Sader, Kitzloch, Schneider und Briefträger als Requisiteur, Sepp Hofmann, Moser, der für die Beleuchtung eine gute Hand hatte und sich später zum hervorragenden Schminker entwickelt, und der angehende Tischler Peter Stockner, mit dem auch das Ressort Bühnenbau auf Anhieb die Idealbesetzung gefunden hatte: Er ist bis heute aktiv und hat in den Zeiten, in denen die Heimatbühne keine fixe Spielstätte hatte, sowie bei den zahlreichen Freilicht-Aufführungen mit fachmännischen Bühnenbauten die Voraussetzungen für den Spielbetrieb geschaffen. Seine Frau Helene Gostner, aus Afers stammend wurde später ebenfalls zu einer zentralen Figur, sowohl als Spielerin wie als Regisseurin.

Bereits im Gründungsjahr 1959 startete die junge Heimatbühne mit dem Stück Fürst Wastl von Vitus Maximilian in eine höchst erfolgreiche Ära, wobei nach einigen Jahren mit dem neu errichteten Pfarrsaal im Villhaus endlich eine feste Heimstätte zur Verfügung stand. Dieser Saal war sehr klein, bereits die Bühne nahm die Hälfte des Raumes in Anspruch. Dies legte eine Lösung nahe, die sich für die Heimatbühne im Nachhinein als sehr fruchtbar erweisen würde: Hinaus ins Freie, zum Freilichtspiel.

Der spätere langjährige Obmann und Spielleiter Christoph Gostner merkt in der Festschrift zum 50. Vereinsjubiläum 2009 sogar an, die Heimatbühne St. Andrä sei sicher die Bühne mit der längsten Freilichttradition. Als erstes dieser Freilichttheater wurde das Stück Sturm über dem Gipfel (1961) auf einer eigens dafür errichteten Bühne oberhalb der Gasser Kegelbahn gegeben. Auch die Terrasse des Hotels Post beherbergte später oft die Bretter, die die Welt bedeuten.

Jahr für Jahr wurde nun gespielt – und wie: Drei Stücke pro Jahr waren keine Seltenheit. Es waren meist bekannte Schwänke, wie Der verkaufte Großvater (1960), Die Junggesellensteuer (1964) oder Die drei Eisbären (1966). Volksstücke ernsten, dramatischen Inhalts waren: Der Satan vom Brandnerhof (1965), Der Föhn (1969), Die Geieregger (1969), Die Heimat ruft – Gefangen in maurischer Wüste (1966). Als ein Höhepunkt dieser Zeit ist auch Der verlorene Sohn in Erinnerung geblieben, der als Freilichtspiel am Almdötscherhof in Mellaun aufgeführt wurde.

Das letzte Stück dieser spielfreudigen Zeit unter der Regie von Hans Pedratscher war 1976 das heitere Singspiel Bruder Martin. Im Jahr darauf kehrte Pedratscher in sein Heimatdorf Feldthurns zurück, die Heimatbühne war ohne Spielleiter und auch Cilli Stockner stand 1977 nicht mehr als Obfrau zur Verfügung.

Der damalige Pfarrer Rudolf Grießer studierte 1978 noch das Stück Die ansteckende Gsundheit im damaligen Pfarrsaal im Andreas- Haus ein, dann ruhte der Spielbetrieb, zumal man durch den Umbau des Villhauses ohne Spielstätte war.

Neubeginn 1982

Auf die Dauer halten es echte Theaterleute aber ohne Lampenfieber mit allem Drum und Dran nicht aus, und so bemühten sich nacheinander Hermann Hofmann und Christoph Gostner als Obmänner um eine Wiederbelebung. An ihrer Seite stellte sich Andreas Piok, Grundschuldirektor als Spielleiter in den Dienst der Sache. Zusammen mit einem neu gewählten Ausschuss gelang 1982 der Neustart mit dem Lustspiel Alles für Monika in der Mehrzweckhalle der Vereine über der Feuerwehrhalle (heute Probelokal der Musikkapelle und Abstellraum). Seit damals ist die Heimatbühne ununterbrochen aktiv.

Ein erster großer Höhepunkt war 1984 die Inszenierung des Dramas Straßenblut von Hans Renz durch Andreas Piok mit Unterstützung des Landesspielleiters Peter Mitterrutzner. Eigentlich gedacht als Gastspiel in der Partnergemeinde Marquartstein, wo es im Frühjahr auch aufgeführt wurde, entschloss man sich, es als Freilichtspiel zum Gedenkjahr 175 Jahre Tiroler Freiheitskampf – gleichzeitig 25 Jahre Heimatbühne – zu adaptieren. Die Aufführungen im August 1984 in der stimmigen Kulisse des Schnagererhofes in Mellaun wurden von Publikum und Kritik als einer der besten Beiträge der Südtiroler Theatersaison gelobt.

Die Zusammenarbeit mit Peter Mitterrutzner setzte sich im darauffolgenden Jahr mit der Einstudierung des anspruchsvollen Volksstückes Um Haus und Hof von Franz Kranewitter fort, das nunmehr im Saal der neu gebauten Grundschule über die Bühne ging. Mit diesem Saal hatte die Heimatbühne nun endlich wieder eine Heimat, eine feste Spielstätte, gefunden.

Eine Stärke der Heimatbühne:

Die Freilichtspiele

Trotzdem zog es die Heimatbühne St. Andrä immer wieder ins Freie. Die Liste aufwendiger und höchst erfolgreicher Freilichtaufführungen ist lang:

Die Roggenmühle (1987) von Franz Hölbig in der Satzinger Mühle im Trametschgraben, die für dieses Spiel renoviert und mit einem funktionierenden neuen Mühlrad ausgestattet wurde.

In einer Zeit, die keine Grenzen kennt (1988) des Südtiroler Autors Luis Zagler, aufgeführt am Festplatz durch das Eisacktaler Volkstheater unter Mitwirkung mehrerer Spieler aus St. Andrä.

Die brennende Liab (1989), ein Stück über die Option von jenem Südtiroler Autor Hans Pircher, der später als Pfarrer in St. Andrä wirkte (1995–99), wiederum am Schnagererhof und als Gastspiel im Schlosshof von Schenna, Pirchers Heimatort

Der Bodenfraß (1994) vom M. Schär im Innenhof beim Niederrutzner am Rutzenberg.

Die Stumme (1997) von Elmar Harris, wiederum bei der Satzinger Mühle, die in aufwendiger Arbeit zu dem vom Stück verlangten Sägewerk umfunktioniert wurde

Das Urteil (1999), wiederum von Pfarrer Hans Pircher, der im Jänner 1999 plötzlich verstorben war und diese Aufführung auf dem Platz unter dem Villhaus nicht mehr erleben konnte.

Kein Platz für Idioten (2005) von Felix Mitterer am mittlerweile überdachten Festplatz

Frösche und/oder Kröten (2007), ein von der Ausstattung und Bühnentechnik her äußerst aufwendiges tierisches Spektakel in 20 Bildern von Josef Schmied auf dem Parkplatz der Plose-Seilbahn, wobei ein künstlicher Teich angelegt und Teile der Bühnenausstattung aus Deutschland geholt wurden.

Vielfältige Tätigkeit

Im Mehrzwecksaal der Grundschule liefen außerdem nahezu alljährlich die unverzichtbaren Lustspiele und Schwänke über die Bühne. Selbst größere Produktionen, wie ein Gastspiel mit Peter Mitterrutzner im Stück Sibirien von Felix Mitterer (1990) oder das Singspiel Die Kathi von Roman Pola in Zusammenarbeit mit dem Kirchenchor (2001) wurden aufgeführt.

Den kreativen Köpfen in der Heimatbühne fielen zusätzlich immer wieder originelle Aktionen ein. So etwa die zwei Theaterspektakel 2000 und 2004, wo dem zahlreichen Publikum auf dem Areal Satzinger Mühle – Festplatz – Schulhof ein bunter Mix aus Theater, Musik und kulinarischen Köstlichkeiten geboten wurde.

Seit jeher gibt es gewisse Zeiten im Jahreslauf, die förmlich nach Theater rufen – und diese greift die Heimatbühne auch auf: Da ist einmal die Advents- und Weihnachtszeit zu nennen. Ob es ein Krippenspiel der Kinder ist, das nebenbei als Talentsuche genutzt wird, ob es eine Zeitlang das alljährliche weihnachtliche Singen und Musizieren mit Hans Jocher war oder ob es sich um eine ganz neue Idee handelt wie die Adventwanderung die 2004 zum ersten Mal angeboten und wegen des großen Zulaufes mehrmals wiederholt wurde – fast alljährlich bietet die Heimatbühne der Bevölkerung etwas an. In den 1980er Jahren hat sie auch den Brauch der Nikolausbesuche in den Häusern wiederbelebt, die dann vom Familienverband fortgesetzt wurde.

Eine weitere theaterfreudige Zeit ist der Fasching, zu dem entweder ein Lustspiel, ein Bunter Abend mit Einaktern oder – wie in den letzten Jahren mit Kirchenchor und Sportverein zusammen – eine Faschingsrevue beigesteuert wird.

Theater mit Niveau

Es hat unter den dörflichen Theaterleuten immer schon großartige Naturtalente gegeben, aber das allein scheint heute nicht mehr zu genügen – bei steigendem Angebot an professionellem Theater in den Städten und den Massenmedien in jeder Stube.

Der Südtiroler Theaterverband legt viel Wert auf Weiterbildung, bietet Kurse an und gibt die Möglichkeit, mit Fachleuten zu arbeiten. Auch die Heimatbühne St. Andrä nützt seit langem diese Möglichkeiten und hat eine spielkräftige, eingeschworene Truppe aufgebaut, in der die Jugend sehr stark vertreten ist. Sie kann mit Zuversicht in die Zukunft blicken.

Mit dem Ausbau des alten Schulhauses, heute Vinzenz-Goller-Haus, hat die Heimatbühne nunmehr auch einen eigenen Vereinsraum erhalten, der sich für Sitzungen, Schulungen und Leseproben eignet und in dem vor allem die Requisiten und Kostüme einen Lagerplatz erhalten.

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Ziele der Heimatbühne St. Andrä

Pflege des Theaters im Dorf
Bereicherung des kulturellen Dorflebens durch Aufführungen und andere Veranstaltungen
Sinnvolles Freizeitangebot

Dachorganisation auf Landesebene

Südtiroler Theaterverband

Gründung

1959 auf Initiative von Hans Pedratscher, Feldthurns, Lehrer in St. Andrä

Vorstände

Obmann

  • 1959 Johann Prosch, Baumann
  • 1966 Peter Jocher, Burger
  • 1972 Max Palla, Niederkarnol
  • 1975 Cilli Stockner, Birbamer
  • 1978 Hermann Hofmann, Moser
  • 1982 Christoph Gostner, Schulwart
  • 1993 Petra Hofmann, Moser
  • 1996 Christoph Gostner, Schulwart
  • 1999 Fritz Fischer, Widmann Fritz
  • 2006 Susi Garavelli Goller, Tischlerei
  • 2009 Horst Oberrauch

Spielleitung

  • 1959 Hans Pedratscher
  • 1977 Andreas Piok, Grundschuldirektor
  • 1993 Christoph Gostner, Schulwart
  • 1999 Helene Gostner Stockner
  • 2006 Christoph Gostner, Schulwart
  • Regie bei einzelnen Stücken führten auch andere Personen, z.B. Pfarrer Rudolf Grießer, Landesspielleiter Peter Mitterrutzner, Hubert Fischer

Leitungsgremium zum 30.4.2010

  • Obmann: Horst Oberrauch
  • Obmann-Stellvtr.: Günther Holzer
  • Künstl. Leiter: Christoph Gostner
  • Schriftführerin: Hildegard Piok
  • Kassierin: Patrizia Lechner Oberhauser
  • Bühnenbau und Technik: Peter Stockner
  • Jugendarbeit und Requisiten: Rainer Bielak

Mitgliederzahl

  • 63 Mitglieder

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