Anna Jocher
31. Mai 2011
Aus der Gemeindestube
1. Juni 2011

Ein bedeutender Sohn unseres Dorfes – Ehrenbürger der Gemeinde St. Andrä

In mehreren Vereinsarchiven unseres Dorfes taucht der Name eines Dr. Clara in Blumau als Wohltäter auf. So ist z.B. in der Chronik der Musikkapelle vermerkt, dass sich im März 1909 eine Delegation nach Blumau begab, um bei ihm wegen einer Spende für die Anschaffung der historischen Tracht vorzusprechen – mit durchschlagendem Erfolg: Er gab ihnen sofort 100 Kronen, denen im selben Jahr noch 500 Kronen folgten. In zwei weiteren Raten bis 1914 erhielt man nochmals 500 Kronen.

Die erstaunliche Höhe dieser Spenden kann man erst einschätzen, wenn man weiß, dass die Tracht für die 24 Mann starke Kapelle insgesamt etwas über 1300 Kronen kostete. Für ein Konzert erhielt die Kapelle damals 30-40 Kronen. Umrechnungen sind schwierig, aber 1 Krone entsprach etwa dem Wert von gut 4 Euro.

Wer war nun dieser großherzige Gönner in Blumau, der fast die gesamten Ausgaben für die Tracht übernahm und 1909 die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde St. Andrä erhielt? Selbst bei älteren Musikanten wie Sepp Jocher ist die Erinnerung an ihn verblasst.

Im Zuge der Arbeiten für das Dorfbuch ist Ernst Delmonego, der den geschichtlichen Teil „Vom Mittelater zur Neuzeit“ gestaltet hat, auf diesen Mann gestoßen. Es gelang aber nicht mehr, ihm den gebührenden Platz im Dorfbuch einzuräumen. Deshalb möchten wir ihm hier diese Ehre erweisen. Als Grundlage dient uns ein Beitrag von Otto Clara im Dorfbuch „Völs am Schlern“ (1988).

Geboren und aufgewachsen am Gasserhof

Dr. Josef Clara ist am 4. Juni 1872 als fünfter Sohn des Lukas Clara, Gasserbauer in St. Leonhard, und der Maria Kircher geboren. Die weit verzweigte Familie Clara stammte ursprünglich aus dem Gadertal. Die Kindheit verbrachte er auf dem elterlichen Bauernhof in St. Leonhard, wo er auch die Volksschule besuchte. Als begabtes Kind durfte er dann das Vinzentinum besuchen, wo er 1892 die Matura ablegte. Anschließend studierte er Medizin in Innsbruck und promovierte 1897 mit Auszeichnung zum Doktor der gesamten Heilkunde. Noch im selben Jahr übersiedelte er nach Völs am Schlern, wurde Gemeindearzt und gründete eine Familie.

Gemeindearzt in Völs am Schlern

Schon bald nahm er sich des Völser Heubades an und brachte es auf den damals modernsten Stand.

Der Drang, sich persönlich weiterzuentwickeln, führte dazu, dass er die Stelle als Gemeindearzt vorübergehend aufgab, um in Graz, Breslau und zuletzt in Leipzig weitere Studien zu absolvieren und sich als Chirurg zu spezialisieren.

In die Heimat zurückgekehrt, übernahm er wieder die Gemeindearztstelle von Völs, ließ sich nunmehr aber in Blumau nieder, das ihm durch seine Lage an der Eisenbahn und in Stadtnähe als günstiger für sein großes Vorhaben erschien, nämlich die Errichtung eines Sanatoriums. 1904 gelang es ihm, dieses zu realisieren – es ist das heutige Hotel „Schlosshof“ in der Nähe des Bahnhofs Blumau.

Er wurde in die Tiroler Ärztekammer gewählt und betrieb maßgeblich die Gründung der gemeindeärztlichen Organisation, deren Obmann er wurde.  Während des 1. Weltkriegs war Dr. Clara als selbstständiger Chirurg und Chefarzt im Quireiner Militärhospital Bozen tätig.

Ein großer Förderer und Gönner

Am 16. Dezember 1923, mit nur 52 Jahren,  erlag Dr. Josef Clara einem kurzen schweren Leiden. Sein Begräbnis wurde zu einer Demonstration der Dankbarkeit und des Ansehens, das dieser großherzige Mann weit und breit genoss: Vier Musikkapellen – Völs, Tiers, Steinegg und Unterinn,  Behördenvertreter aus ganz Tirol und unzählige Menschen begleiteten ihn zur letzten Ruhestätte im Friedhof von Blumau. 50 Kränze schmückten sein Grab.

Dr. Max Clara – sein berühmter Sohn

Nachfolger als Gemeindearzt wurde sein Sohn Dr. Max Clara. Dieser gab nach einigen Jahren die Stelle auf, um sich weiterführenden Studien zu widmen. Er wurde einer der führenden Mediziner, Professor an den Universitäten Padua, Leipzig, München und Istanbul. Seine Forschungsarbeiten führten zur Entdeckung der nach ihm benannten Clara-Zelle. Er starb 1966 in München. Das Internet-Lexikon Wikipedia enthält einen ihm gewidmeten Artikel.

Die Zahnärztin Dr. Erika Clara in Brixen entstammt übrigens ebenfalls dieser Ärztefamilie, die am Gasserhof in St. Leonhard ihren Ursprung hat.